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Meine dreizehnjährige Laufbahn bei einer der bürokratischsten Ermittlungsbehörden der Welt sagte mir, ich solle direkt zum Javits-Gebäude fahren und das, was ich gefunden hatte, Cioffi auf den Schreibtisch werfen.

Es bestanden kaum Zweifel, dass Kolya Remlikov der Mann war, der Cavello befreit hatte.
Ich kam nur bis zur Ecke, wo ich mir ein Taxi nehmen wollte. Dann hielt mich irgendetwas zurück. Ich wusste nicht genau, was.
Vielleicht war es der Gedanke, Remlikov genau denjenigen zu übergeben, die ihn hatten laufen lassen. Oder das plötzliche Bewusstsein, wie schwierig es sich beweisen lassen würde – bestimmte Kanäle nutzen, ihn verhören. Welche Ermittlungsbehörden würden daran beteiligt werden? Würde man mich daran beteiligen? Eine undichte Stelle, und Remlikov würde verschwinden. Und mit ihm Cavello. Wo stünden wir dann?
Ich hatte so viele Jahre damit zugebracht, das Richtige zu tun. Plötzlich schien das Richtige nicht mehr ganz so richtig zu sein.
Ich winkte das Taxi weiter.
Ich ging zurück, lehnte mich einen Moment an die Hauswand und versuchte zu entscheiden, was das Richtige war. Und dann traf es mich wie der Blitz. Für einen Lehrer in Kriminalethik bist du gerade dabei, was ganz Dummes zu tun, sagte ich mir.
Ich suchte in meinem BlackBerry die Nummer von Steve Bushnagel heraus und rief ihn an, um mich nach seinen Plänen fürs Mittagessen zu erkundigen. Steve war mittlerweile Partner in einer Rechtsanwaltskanzlei, beriet aber das FBI. Er war Experte auf den Gebieten Auslieferung und internationales Recht.
»Mittagessen? Wo?«, fragte Bushnagel.
»Schnell und billig«, antwortete ich. »Du bist eingeladen.« »Wie schnell?«
»Spring in den Fahrstuhl. Ich stehe gleich vor der Tür.«
Als er durch die Tür des großen Glashochhauses auf der 6lh Avenue trat, lehnte ich an einem Fahrzeug und hielt ihm zwei Hotdogs hin. »Ketchup oder Senf?«
»Ich will mich ja nicht unbedingt wie ein Rechtsanwalt aufführen – aber wie wär’s mit beidem?«
Wir setzten uns an einer belebten Ecke auf eine Mauer. »Steve, ich möchte an jemanden rankommen, der nach Israel geflohen ist.«
»Rankommen?«
»Ich will, dass er zurückkommt.«
Bushnagel nahm einen Bissen. »Reden wir von einem Flüchtling oder einem israelischen Bürger?«
»Bürger, befürchte ich. Er lebt schon eine Weile dort.«
»Und diese Verbrechen, wegen denen du ihn hier haben willst, wurden in den Vereinigten Staaten verübt, nicht in Israel?«
»Wir unterhalten uns nur, Steve, ja?«
Er wedelte mit dem Hotdog in meine Richtung. »Ich versichere dir, für genauere Auskünfte bezahlst du mir nicht genug.«
Ich grinste. »Okay. Dann könnten wir noch über ein paar andere Sachen in Russland und Frankreich reden.«
»Hmpf«, machte Bushnagel. »Die Israelis sind kooperativ – bis zu einem gewissen Grad. Erinnerst du dich an Jonathan Pollard? Wir haben ihn 1985 wegen Spionage verhaftet – in den Augen der Israelis ungerechtfertigt. Zwanzig fahre lang haben sie versucht, ihn zurückzubekommen. Und dieser Elektroniktyp, der nach Israel geflohen war? Der ›Verrückte Eddie‹, Eddie Antar? Du weißt, wie lange es gedauert hat, bis er ausgeliefert wurde. Natürlich kommt es darauf an, wovon wir hier tatsächlich reden.«
»Soll heißen?«
»In der Welt nach dem 11. September.« Bushnagel zuckte mit den Schultern. »Wollen die Israelis was von uns? Sind andere Regierungen beteiligt? Sieh mal, Nick, ich bin doch nicht zum Volltrottel mutiert, nachdem ich aus dem Staatsdienst ausgeschieden bin. Ich weiß, hier geht’s nicht um Steuerhinterziehung. Sind die Beweise stichhaltig, gestattet man dir sicher, ihn zu verhören. Aber wie und wie lange, das steht in den Sternen. Wie dringend ist es denn?«
»Äußerst dringend.« Ich zuckte bedrückt mit den Schultern. »Und es ist inoffiziell.«
»Das ist es immer. Du musst aber auch die staatliche Seite mit einkalkulieren. Hat die Sache einen Vorteil für die Israelis? Zielen sie auf einen Handel mit uns ab? Wollen sie mit den Russen oder Franzosen verhandeln, bevor sie ihn ausliefern? Die Angelegenheit ist heikel, Nick – und ich glaube nicht, dass du speziell dieses Fach besonders gut beherrschst.«
Ich nickte.
»Angenommen, du kriegst ihn zu fassen. Es sind eine Menge Leute daran beteiligt. Aber was als Nächstes passiert, weiß niemand. Es besteht immer die Chance, dass getrödelt wird und der Kerl entwischt. Dann siehst du ihn nie wieder.«
Ich schüttelte den Kopf. »Das Risiko kann ich nicht eingehen.«
»Ich verstehe.« Bushnagel nickte. »Das Problem ist, eine andere Möglichkeit gibt es nicht.«
»In der realen Welt, ja.« Ich nickte und knüllte das Hotdogpapier zusammen.
Sicher überlegte Steve, warum ich zu ihm gekommen war. Er war schon vor langer Zeit aus dem Staatsdienst ausgeschieden, und es gab eine Menge Anwälte der Regierung, die mit einem solchen Fall umzugehen wussten. »Nur so am Rande gefragt, Nick« – er blickte mich forschend an –, »gibt es denn noch eine andere als die reale Welt?«

Patterson James
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